Fairafric: Wirklich faire Schokolade

Im Gegensatz zum fairen Handel im üblichen Sinn kauft Fairafric nicht nur die Kakaobohnen zu einem fairen Preis in Afrika, sondern produziert die komplette Schokolade bis zur verpackten Tafel direkt dort vor Ort. Der meiste Gewinn wird nämlich nicht mit dem Rohstoff, sondern mit der Weiterverarbeitung gemacht. In Westafrika ist das Gehalt der Kakaobauern selbst bei Fair-Trade-zertifiziertem Kakao so gering, dass die Mehrheit unter der Armutsgrenze lebt.
Durch die Produktion im Land bleibt die Wertschöpfung großteils in Afrika und es werden dort Arbeitsplätze geschaffen, nicht nur in der Landwirtschaft. Fairafric kooperiert mit der ersten Bio-Kakao-Kooperative Ghanas, deren Gründer in Ghana aufgewachsen ist und in der Schweiz studiert hat.

Fairafric-LogoBildquelle: Fairafric

Die Fairafric-Schokoladensorten

Derzeit werden 6 unterschiedliche Sorten – alle in Bio-Qualität – erzeugt: Milchschokolade, Milchschokolade mit Fleur de Sel, Schokolade mit 60%, 70% und 80% Kakaoanteil sowie eine 70%-Schokolade mit Kakaosplittern. Weitere Sorten, beispielsweise mit Nüssen und Früchten, sind geplant, wenn die neue Produktionsanlage Ende 2020 in Betrieb gehen wird.

Interview mit Fairafric-Gründer

Im Podcast „Thinking twice“ vom 15.9.2019 geht es um das Thema „Wie handelt man nachhaltig in der Schokoladenindustrie?“
Hendrik Reimers, der Gründer der Fairafric GmbH, erzählt über seinen Werdegang, die Gründung der Firma und das Besondere an ihr – die Produktion von Schokolade von der Kakaobohne bis zur verpackten Tafel direkt in Afrika.
Hendrik Reimers studierte BWL und arbeitete bei IBM und SAP. Nach einigen Jahren Berufserfahrung hatte er den Wunsch, sich beruflich neu zu orientieren. Er nahm ein Sabbatical und war eineinhalb Jahre mit Zelt und Rucksack in Ostafrika unterwegs. In Uganda kam er in Kontakt mit einer Kaffee-Kooperative und konnte hautnah erleben, wie die Bauern mit relativ geringem Einsatz von Schulung und Training die Qualität der Kaffeebohnen verbessern und dadurch höhere Einnahmen erzielen konnten. Die bessere Einkommenssituation wirkt sich unter anderem positiv auf die Zukunft der Kinder aus, die in den Genuss längerer Schulbildung kommen.
Hendrik Reimers wollte ein Projekt auf die Beine stellen, bei dem nicht nur faire Preise an die Bauern gezahlt werden, sondern vor allem Arbeitsplätze geschaffen werden, nicht nur in der Landwirtschaft, sondern im gesamten Produktionsablauf bis zum fertigen Produkt. Fairer Handel im üblichen Sinn verändert nichts an den Strukturen der kolonialen Ausbeutung – die Rohstoffe werden zu fairerenn Preisen gekauft, die großen Gewinne werden aber in den reichen Ländern gemacht.
Bis zur Gründung von Fairafric dauerte es noch etwas. Er arbeitete zwei Jahre in einem Münchner Startup an IT-Lösungen, entwickelte aber nebenbei Schokolade-Rezepte und baute sich ein Netzwerk auf. Ende 2015 kündigte er und flog nach Ghana, wo er schon einen kleinen Unternehmer kannte, der Schokolade für den lokalen Markt produzierte.
2016 startete er eine Kickstarter-Kampagne, die sehr erfolgreich verlief: innerhalb von 30 Tagen wurden von 850 Personen Vorbestellungen im Wert von 30.000,- Euro aufgebracht.
Ein halbes Jahr später wurden die ersten Schokoladen für Fairafric produziert.
Derzeit wird mit einer kleinen Schokoladenproduktionsanlage gearbeitet, die für den lokalen Markt ausgelegt war, schon veraltet ist und auch oft ausfällt. Es werden ein paar Tausend Schokoladen täglich produziert. Durch den Bau einer neuen Produktionsstätte soll es ab Ende 2020 möglich sein, die Nachfrage zu decken. Die Schokoladen werden über den Online-Shop und durch etwa 500 Händler vertrieben, es kann aber der Bedarf momentan nicht gedeckt werden und einige Sorten sind immer wieder ausverkauft. Kunden und Kundinnen können durch private Darlehen oder Zeichnung eines „Schoko-Scheins“ (die Zinsen werden in Schokolade ausgezahlt) die Finanzierung der neuen Fabrik unterstützen.

Film: DECOLONIZE CHOCOLATE – Wie ein Start-Up die Schokoladenwelt revolutioniert

Der ca. 45-minütige Film zeigt, wie Kakao in Ghana angebaut und zu Schokolade verarbeitet wird. Ghana gehört zu den Ländern, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind. Dürreperioden haben in den letzten Jahren zugenommen, was ein großes Problem für den Kakaoanbau darstellt, da die Kakaopflanze viel Wasser benötigt. Fairafric arbeitet mit ca. 1500 Kakaobauern und -bäuerinnen zusammen. Die Farmer werden geschult, um Ertrag und Qualität und damit das Einkommen zu erhöhen. Die Weiterverarbeitung erfolgt derzeit in einer veralteten Produktionsanlage, die schon in den 1950er Jahren in Deutschland Schogetten erzeugte. Die Maschinen arbeiten schwerfällig und fallen oft aus, wodurch es immer wieder zu Lieferengpässen kommt. Außerdem werden mit den gleichen Maschinen sowohl die Fairafric-Schokoladen in Bio-Qualität als auch ein kleiner Anteil an konventioneller Schokolade für den lokalen Markt produziert. Deshalb müssen die Tanks aufwendig gereinigt werden, damit es zu keinen Verunreinigungen durch die konventionelle Schokolade kommt. Fairafric plant für das Jahr 2020 den Bau einer modernen solarbetriebenen Schokoladefabrik mit gläserner Produktion, die auch für BesucherInnen zu besichtigen sein wird. Dadurch sollen schon im nächsten Jahr 50 qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen werden.

Trailer:

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