Chuzpe von Lily Brett – Buchbesprechung

Das Wort Chuzpe kommt aus dem Jiddischen und bedeutet „Anmaßung“ oder „Dreistigkeit“, der Originaltitel des Buches „You gotta have balls“ bedeutet soviel wie „Man muss Eier in der Hose haben, man muss Mumm haben“.
Das Buch erschien 2005, die deutsche Ausgabe 2006 im Suhrkamp-Verlag sowie als Hörbuch (5 CDs) im Verlag Hoffmann und Campe.
es ist ein typisches Lily-Brett-Buch. Wer ihren Stil mag, wird auch von diesem Roman begeistert sein.

Hauptfigur ist die 54-jährige Ruth, die in New York ein Schreibbüro für Briefe betreibt. Sie entwirft Glückwunschkarten und verfaßt im Auftrag ihrer KundInnen Briefe zu unterschiedlichen Anlässen.
Als ihr Vater Edek (87 Jahre) einige Jahre nach dem Tod seiner Frau von Australien nach New York zieht, macht sie sich zunächst Sorgen, dass er sich in der fremden Umgebung einsam fühlen und langweilen könnte. Sie beschäftigt ihn mit Hilfsdiensten in ihrer Firma und schlägt ihm Freizeitaktivitäten vor, die er aber alle ablehnt.

Das Buch Chuzpe von Lily BrettBildquelle ©: Suhrkamp Verlag

Aus dem Klappentext

„Schmonzes“, sagt Edek, als seine Tochter Ruth ihn ermuntert, sich einem Lesezirkel anzuschließen. Seine Kriminalbücher, sagt er, könne er ganz alleine lesen. Schmonzes sagt Edek auch zu Schwimmunterricht, Massagen und der Mitgliedschaft in einem jüdischen Seniorenclub. Ruth begreift nicht sofort, daß ihr Vater, vor wenigen Wochen erst von Melbourne zu ihr nach New York gezogen, weit davon entfernt ist, einen ruhigen Lebensabend zu verbringen. Und daß Lebensabend überhaupt der falsche Begriff ist für den munteren Siebenundachtzigjährigen, der sich erst in Ruths Korrespondenzbüro nützlich zu machen versucht, indem er täglich Unmengen von Papier und Büroklammern bestellt – und wenig später ein Verhältnis beginnt mit der (wie Ruth findet, viel zu jungen) Polin Zofia (69). Als Edek zusammen mit Zofia und deren Freundin Walentyna auch noch ein Restaurant an der Upper East Side eröffnen will, das auf polnische Fleischbällchen spezialisiert ist, bangt Ruth gleichermaßen ums Erbe und um ihre Nerven.“

Restaurant „Klops braucht der Mensch“

Edek, Sofia und Walentyna ahnen schon, dass Ruth von der Idee einer Restauranteröffnung nicht begeistert sein wird. Bevor sie ihr davon erzählen, veranstalten sie Verkostungen in ihrer eigenen Wohnung, zu der sie Hausparteien und Leute aus der Nachbarschaft einladen. Alle sind begeistert von den polnischen Fleischfrikadellen aus Kalb- und Schweinefleisch, aus Bratwurst, aus Truthahn und anderen Zutaten, die Sofia zubereitet. Ruth reagiert wie erwartet mehr als skeptisch.
Sie fragt sich, „wie sie auf die Idee kommen konnten, dass ihr Projekt die geringste Aussicht hätte, jemals mehr als ein Projekt zu sein.“
Aber sie verspricht ihnen finanzielle Unterstützung und die drei gehen mit Elan an die Realisierung heran.
Der Name des Restaurants im Original „You gotta have balls“ bedeutet sowohl „Man braucht (Fleisch-)Bällchen“ als auch „Man muss Mumm in den Knochen haben“.
Alle Klops enthalten Eier, Zwiebel, Paniermehl und Gewürze, sie werden gebacken, manche auch gekocht. Es gibt zum Beispiel Rindfleisch-Kielbasa-Klopse (Kielbasa ist eine geräucherte Brühwurst aus Polen), Huhn-Rosinen-Klopse und Truthahn-Kokos-Klopse, aber auch vegetarische Varianten mit Kartoffeln und Käse oder Kichererbsen und Tomaten, und dazu Salat aus fein geschnittenen Gurken mit Essig und Zucker sowie Rotkohl mit Rosinen, kalt oder warm.
Außerdem servieren sie eine Sauce aus Äpfeln und Tomaten, mit Essig, Zucker, Ingwer, Senf und Rosinen zu allen Klopsen.
Zwei weitere Saucen (eine aus geröstetem Hokaido-Kürbis mit Knoblauch, die andere aus Kichererbsen) bereiten sie sehr dickflüssig zu, sodass man sie unverdünnt als Brotaufstrich verwenden kann, unter Zugabe von Wasser als Sauce, und mit einer größeren Wassermenge als Suppe.

Ruth glaubt noch lange, dass die drei „mit vollen Segeln auf ihrem Weg ins Fiasko“ sind, behält aber nicht recht. Es wird ein voller Erfolg mit Happy-End.

Das Buch ist sehr humorvoll und ich kann es sehr empfehlen.

Über die Autorin

Lily Brett wurde 1946 in Deutschland geboren. Im Alter von 2 Jahren zog sie zusammen mit ihren Eltern, die im Ghetto von Lodsch geheiratet hatten, nach Australien. Heute lebt sie mit ihrem Mann in New York.

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