Das Kakao-Barometer wird seit 2009 in unregelmäßigen Abständen alle paar Jahre von mehreren NGOs herausgegeben, zuletzt 2018. Es beleuchtet die Probleme rund um die Schokoladenindustrie mit Schwerpunkt auf den beiden westafrikanischen ländern Elfenbeinküste und Ghana, den Hauptanbaugebieten von Kakao weltweit.
Das Kakao-Barometer 2018 , ein ca. 80-seitiger Bericht, stellt u.a. folgendes fest:
Keine der wichtigsten Zertifizierungen für Kakao konnte wesentlich dazu beitragen, den Kakaobauern ein Minimaleinkommen zu ermöglichen, Kinderarbeit abzubauen oder die Umweltzerstörung zu stoppen. Zertifizierungsorganisationen sind sich dieser Probleme bewusst, aber fast alle Schokoladenfirmen und Einzelhändler suchen weiterhin das billigste Produkt.
Weltmarktpreis
Der Weltmarktpreis für Kakao wird auf der Grundlage der durchschnittlichen Preise an der Börse in London und New York kalkuliert und täglich veröffentlicht. Faktoren für den Preis sind Angebot (Lagerbestände, erwartete Ernte), Nachfrage und Spekulation. Der Preis unterliegt starken Schwankungen. Zwischen September 2016 und Februar 2017 gab es einen Preisverfall von 30 bis 40%. Der Preis je Tonne sank von 3000 US-Dollar auf zeitweise unter 1900 US-Dollar. Der Preisverfall hängt mit dem starken wachstum der Kakaoproduktion in den letzten Jahren zusammen. Gründe für die erhöhte Produktion sind die Erschließung neuer Anbaugebiete (auf Kosten von Regenwäldern), Steigerung der Erträge durch Trainingsmaßnahmen und gute Wetterbedingungen. Gleichzeitig blieb die weltweite Nachfrage mehr oder weniger konstant. Ab Februar 2018 stiegen die Preise wieder, aufgrund der Annahme, dass das Überangebot geringer als erwartet sein würde. Das Risiko schwankender Preise bleibt aber bestehen. In den meisten Ländern hat der Weltmarktpreis natürlich Auswirkungen auf den „Verkaufspreis ab Hof“, den die Bauern erhalten. Der Verkaufspreis beträgt ca. 60-70% des Weltmarktpreises. Etwas anders ist es in Ghana und der Elfenbeinküste: hier gibt es staatliche Kakaovermarktungsorganisationen, die einen Teil der erwarteten Ernte (ca. 80%) bereits verkaufen, bevor die Erntesaison startet. Sie setzen einen Mindestpreis fest. In Ghana wurde der Verkaufspreis an die Bauern trotz des Preisverfalls beibehalten (staatliche Subvention), der reale Preis ist aber aufgrund der hohen Inflation trotzdem gesunken.
Armut
Armut ist die Wurzel der meisten Probleme und Herausforderungen, denen sich der Kakaosektor gegenübersieht, darunter Kinderarbeit, Entwaldung, Fehlernährung von Kindern und eine Vielzahl anderer Bereiche.
Die Mehrheit der Kakaobauern und -bäuerinnen lebt noch immer unter der Armutsgrenze.
Multinationale Unternehmen haben Selbst-Verpflichtungen zur Bekämpfung der Armut formuliert, es werden aber wenige Maßnahmen gesetzt, um dieses Ziel zu erreichen.
Zwischenhändler nutzen die schwache Verhandlungsposition von Kleinbauern aus und betrügen sie oft auch durch manipulierte Waagen.
Zertifizierungen für fairen Handel wirken sich positiv aus, erreichen aber nur die Bauern, die in Kooperativen organisiert sind. Außerdem garantiert auch der Verkauf von zertifiziertem Kakao kein existenzsicherndes Einkommen. Fairtrade ist der einzige der drei wichtigsten Nachhaltigkeitsstandards, der einen Mindestpreis festgelegt hat. Zusätzlich zum Mindestpreis zahlt Fairtrade eine feste Prämie von 200 US-Dollar pro Tonne, was die Bäuerinnen und Bauern mit ihrer schwachen Verhandlungsposition am Ende der Wertschöpfungskette vor zusätzlichem Druck schützt.
Kinderarbeit
Bei der Kinderarbeit hat es in den letzten Jahren zwar einen relativen Rückgang gegeben, die absolute Zahl der arbeitenden Kinder ist jedoch gestiegen (u.a. aufgrund der Ausweitung des Kakaoanbaus) – auf rund 2,1 Millionen in der Elfenbeinküste und Ghana.
Es wird zwischen verschiedenen Formen der Kinderarbeit unterschieden:
- 🍅 leichte Formen: Kinder helfen auf der Farm und erledigen Aufgaben, die weder gefährlich sind noch mit ihrem Schulbesuch kollidieren und ihnen die Chance lassen, Kind zu sein
- 🍅 verbotene Formen: gefährden zwar nicht die Gesundheit, kollidieren aber mit dem Schulbesuch
- 🍅 schlimmste Formen: alle Arten von Kinderarbeit, die führ das Wohlbefinden des Kindes gefährlich sind und/oder mit Menschenhandel, Sklaverei, Zwangsarbeit und ähnlichem verbunden sind
Die Ursachen für Kinderarbeit sind hauptsächlich Armut, das Fehlen von Schulen bzw. der fehlende Zugang zu ihnen und das mangelnde Bewußtsein für die negativen Folgen von Kinderarbeit.
Die Bemühungen, Kinderarbeit zu verbieten, haben nicht viel gebracht: sie wurde nicht reduziert, sondern besser verschleiert.
Umweltzerstörung
Mehr als 90% der ursprünglichen Wälder Westafrikas sind mittlerweile verschwunden. Auch in Nationalparks und Naturschutzgebieten wurden Flächen gerodet, um Kakao anzubauen. Schätzungen zufolge findet 30-40% der Kakaoproduktion illegal auf „geschützten Flächen“ statt. Diese illegalen Dörfer werden teilweise von der Regierung toleriert, es wurden aber auch Zwangsräumungen mit brutalen Methoden durchgeführt.
Der Verlust von Wäldern verstärkt die Auswirkungen des Klimawandels. Studien kommen zur Prognose, dass große Teile des derzeitigen Kakaoanbaugebiets aufgrund des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten immer weniger für den Kakaoanbau geeignet sein werden.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Die Studie sieht die Wurzeln der Probleme in den ungleichen Machtverhältnissen in der Wertschöpfungskette und den politischen Rahmenbedingungen.
Es werden u.a. folgende Forderungen aufgestellt:
- 🍅 Förderung alternativer Einkommensquellen
- 🍅 Zugang zu Krediten für Investitionen: viele Initiativen setzen ihren Schwerpunkt auf Training. Die Bauern bräuchten aber auch Investitionskapital, um das Gelernte umzusetzen.
- 🍅 Maßnahmen gegen Korruption, Spekulation und Steuerhinterziehung
- 🍅 Rentensystem für alte Bauern und Bäuerinnen
- 🍅 Wiederaufforstung
- 🍅 Einhaltung der Menschenrechte
- 🍅 Zusammenarbeit der kakaoproduzierenden Länder
- 🍅 Transparenz und Rechenschaftspflicht sowohl für Regierungen als auch Unternehmen
Es sollte mehr Offenheit bestehen, nicht nur über Erfolge oder Absichten, sondern auch über Fehler und Fehlschläge zu berichten, damit sektorweit voneinander gelernt werden kann.